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Die Seejungfrau und der Seejunggeselle

Filmstill aus der "Die Seejungfrau und der Seejunggeselle"
Filmstill aus der "Die Seejungfrau und der Seejunggeselle" von Torsten P Bruch

Mini-DV 576i auf dvd
Format 4:3, stereo
3:41 min
Juni 2011

Eine bisher unveröffentlichte Episode frei nach Hans Christian Andersen.
Auszug aus der kleinen Seejungfrau:
“Die Sonne war noch nicht aufgegangen, als sie des Prinzen Schloß erblickte und die prächtige Marmortreppe hinanstieg. Der Mond schien herrlich klar. Die kleine Seejungfrau trank den brennenden, scharfen Trank, und es war, als ginge ein zweischneidig Schwert durch ihren feinen Körper, sie fiel dabei in Ohnmacht und lag wie tot da. Als die Sonne über die See schien, erwachte sie und fühlte einen schneiden den Schmerz, […]”
An diesem Punkt setzt die Geschichte in diesem Film ein und erzählt das vergessene Werben eines Spielfreundes der Seejungfrau. Dieser versucht sie mit Kunststückchen wieder ins Wasser zu locken. Doch die Seejungfrau hat sich für ein anderes Schicksal entschieden…
Mit Pia Hansen in der Rolle der Seejungfrau.

Filmstill aus "Die Seejungfrau und der Seejunggeselle" von Torsten P Bruch
Filmstill aus "Die Seejungfrau und der Seejunggeselle" von Torsten P Bruch

memento mortis K.B.

Ausstellungsansicht in der Galerie der IG Bildende Kunst Wien
memento mortis k.b. von Torsten P Bruch

2:57 min. (16:9, HD 1080p, stereo)
IG Bildende Kunst, Wien
April 2011

Das Video zeigt zwei von Bruch selbst gespielte fiktive Charaktere, die eine Passage aus dem unvollendeten Buch «Der sechste Sinn» von Konrad Bayer nach interpretieren. Bayer, der etwa um 1954 der österreichischen Autorenvereinigung «Wiener Gruppe» gemeinsam mit H.C. Artmann, Ernst Jandl oder Friederike Mayröcker an gehörte, las 1963 eine Passage aus diesem Buch. Die Originalaufnahme verleiht dem Darsteller im Video nun seine schalkhafte Stimme und lässt Fiktion, Geschichte und Geschichten miteinander verschmelzen.

 The video shows two fictional characters played by Bruch, which is interpreting a passage from the unfinished book „The sixth sense“ by Konrad Bayer. Around 1954, Bayer was part of the Austrian author Association „Vienna group“ together with H.C. Artmann, Ernst Jandl and Friederike Mayröcker. Bayer red a passage from this book in 1963. In the video, the original recording lends his mischievous voice to the actor and merges fiction, history and the story.

 

Funasaka Bon Odori

hd 1080i nach dvd
Original Funasaka Obon Musik
7:32 min im loop
Nishinomiya Funasaka Biennale
Japan, Oktober 2010

In Deutschland hörte ich von dem Bon Odori und war sehr beeindruckt von dieser japanischen Tradition.
Die Geister der Vorfahren werden an diesem Festtage im August eingeladen zurückzukehren und man
tanzt auf dem Dorfplatz am Abend mit Ihnen zusammen. Aus meiner europäischen Sicht erscheint es mir
zu gleich fröhlich und anmutig, mit diesem Ritual der Vergangenheit und den Verstorbenen zu gedenken.
Im Rahmen der Funasaka Biennale tanzten 30 Einwohner von Funasaka für mich den speziellen Funsaka
Bon Odori. Diese einzelnen Tänze wurden im Computer wieder zu einer Parade zusammen gefügt. Auf diese
Weise sind nur die Darsteller wichtig. Mit ihren Bewegungen und Beziehungen untereinander erzählen sie
eine eigene Geschichte.
Das Video spielt auf einer Kalkwand in einem traditionellen, japanischen Haus in Funasaka.
Nur die Tänzer sind sichtbar und sie erscheinen wie Geister in der Wand.

The Bon Odori is a japanese tradition dance. On this special day in August the ancestor spirits are invited
to come back to their homes. At night the people gather at a public place to dance around a tower with
musicians and dancers.

30 people from Funasaka danced the Bon Odori for me. Only one at a time. Then I used special effects to
put them back together to form a parade again.
This way only the dancers and their performances are
important. With their movements and relations they tell a story of their own.
This Bon Odori dance is
special for the small mountain town of Funasaka which is situated near Osaka in Japan.

The video is screened on a chalk wall in an old traditional japanese house in Funasaka. Only the dancers
are visible and they appear as ghosts inside the wall. Like ancester spirits.

„As an artist I am very much interested in moving performances that I like to capture on video and make
special composition with them. I prefer a black background as this refers to a basic theatrical setting to
perform a theatrical play. The actors are very important and they have to create the story only with their
actions and movements.

 

 

 

 

 

 

 


Make your own Torsten

Multiple
15 x 4 cm
Bedruckte Pappe mit Folienüberzug
August 2010

 

Ein wiederbeschreibares Multiple als kleiner Pappaufsteller.
Die Idee ist, daß der Besitzer/ Betrachter der Figur ihre Worte in den Mund legen kann. Man braucht es nur in die Sprechblase zu schreiben.
Um die Kommunikation zu vereinfachen, wurde als Kostüm der Klischee Deutsche in bayrischer Lederhose gewählt.
Die Antworten der verschiedenen Ausfüllungen werden per Email an den Künstler zurück gesandt und ergeben in seiner Vielfältigkeit erst das fertige Kunstwerk als Work-in-Progress.

A rewritable multiple in the form of a little cardboard stand.
The owner/ viewer of the figure can put their words into his mouth. Only by writing directly into the speech bubble.
In order to make communication easier, the stereotype German in Bavarian leather trousers was chosen as a costume. The people make a picture of their various fillings and send them back by mail to the artist. The answers will then become the finished work of art as a work in progress.

Das Haus – Redux

Installationsansicht-1
Hausmodell (Maßstab 1:20), Familienfoto-wolke,
Einmachgläser von 1956, Regal-Fotorekonstruktionen,
3 Monitore mit Videos, Hausfamilienstammbaum

Gruppenausstellung “Retro Slots” im Künstlerhaus FRISE, Hamburg
Juni 2010

Eine Neubearbeitung der Installation „Familienhaus“ aus dem Jahre 1998
mit einer Zusammenstellung aus dem Werkzyklus von 1995-1998.
Familiengeschichte, innerfamiliäre und generationsübergreifende Motive,
die Beschäftigung mit Erinnerung trotz Nostalgie und eine aufräumende Familienarbeit,
um die vergessenen Räume und Gegenstände bewegten TP Bruch zu diesen Arbeiten.
Im Raum steht zentral das Familien-Hausmodell als Erinnerungs-Werkzeug,
um die Positionen und den Inhalt eines Raumes zu bearbeiten.
Das Video „Try to explain“ (05.51 min, DVD) zeigt den Künstler, wie er mit ca. 12 maligem Scheitern
versucht den Inhalt des Hausmodells zu erzählen. Das Video „Hauserklärung“ (32.00 min, DVD)
zeigt nur die Finger des Künstlers, wie sie im Modell die Erinnerungsinhalte versprachlichen.
Der Familienstammbaum lastet mit seiner Mehrgenerationsmotiven und seiner Geschichtsschwere
über dem Ensemble. Und zu guter Letzt der Film „Das Haus“ (18.30 min, DVD) aus dem Jahre 1998,
welcher durch die Ebenen des Hauses Anhand der Hausrelikte die ehemaligen Mitbewohner versucht zu ergründen.

Der Mensch ist ein Haus, mit geheimen Kammern, verborgenen Winkeln und überraschenden Blickachsen,
die unerwartete Ansichten offenbaren. (Belinda Grace Gardener)

Bitte auf die Bilder klicken zum Vergrößern oder mehr Info.

 

 

Sisyphos

Torsten P Bruch9:23min., HD 1080p
Videoprojektion, Juni 2010
Muu Gallery - Helsinki, Finnland

Ein Tag im Leben eines Künstlers verbindet viele verschiedene Fertigkeiten.
So z.B. muß der Künstler am Morgen zeitig aufstehen und im Atelier seine Gedankenarbeit verrichten.
Aber ebenfalls muß er, wie eine PR-Agentur, professionelle Informationen über seine Tätigkeit verbreiten.
Er entwirft und beschreibt Projekte und bewirbt sich um Förderung. Aber es gibt mehr Ideen als monetäre
Unterstützung und daher ist es meist eine abweisende Erfahrung. Dann beginnt das Video erneut wie in dem
griechischen Mythos Sisyphos.
Torsten P Bruch nennt sich selbst ein Videoperformer und zeigt sich oftmals selbst in seinen Arbeiten.
Persönliche Mythologie führt Ihn zu seinen Themen über menschlichen Raum und Einsamkeit.

A day in the life of an artist.
A day in the life of an artist combines many different jobs, for example,
like getting up in the morning, sitting and doing mind work.
But you also have to spread out professional information about ideas like a secretary.
Write projects and apply for funding.
There are more ideas than funding so it is mostly a rejecting experience
So the video loop begins again like the greek myth of Sisyphos.
Torsten P Bruch calls himself a video performer and shows up many times in his works.
Personal mythology leads to his works about the relation of human space and loneliness.

Laurentius chan

Torsten P Bruchロレンティウス ちゃん

4:01 min. (16:9, HD 720p)
März 2010

Beantwortet wird der Ruf von einer Japanerin im Kimono (Nobuko Watabiki).
Sie fragt auf Japanisch nach der männlichen Koseform von Laurentia: Laurentius chan.
Gleich der deutschen Variante erscheint bei jedem Wochentag
eine weitere japanische Idealfigur bis hin zum Septett.

The call is answered by a Japanese woman in a Kimono (Nobuko Watabiki). She asks in Japanese for
the male pet name of Laurentia: Laurentius chan. Equal to the German variation another Japanese
ideal figure appears with each week day up to a septet.

 

Laurentia

1. Laurentia dear, Laurentia mine,
when will we be together again.
On Monday.
I wish it would be Monday again
so I will be with my Laurentia dear, Laurentia dear.

2. Laurentia dear, Laurentia mine,
when will we be together again.
On Tuesday.
I wish it would be Monday, Tuesday again
so I will be with my Laurentia dear, Laurentia dear.

3. Laurentia dear, Laurentia mine,
when will we be together again.
On Wednesday.
I wish it would be Monday, Tuesday, Wednesday again
so I will be with my Laurentia dear, Laurentia dear …

Bunkerabriß


Arnoldstraße in Hamburg-Ottensen
Zeitraffervideo aus ca. 1600 Bildern täglich
(17.August 2009 bis 27.Februar 2010)
56 min. ohne Ton, DVD
Februar 2010

Ein Hochbunker aus dem zweiten Weltkrieg weicht dem Hamburger Wohnungsbau.
Der Künster TP Bruch setzte aus ca. 1600 Fotos diesen Zeitrafferfilm zusammen und zeigt
vom Sonnenaufgang bis zum Sonnenuntergang den Abriss. Der Film zeigt in hypnotischer
Weise die Bagger, welche sich tagtäglich wie Raupen mühsam durch das Beton- und Stahlgestein beißen.
Im August 2009 begannen die Abrißarbeiten. Sechs Monate donnern die gewaltigen Presslufthämmer
des 100 Tonnen schweren Baggers.
Die Anwohner spüren tagtäglich durch Bodenvibrationen und Schalldruck die große Gewalt, die nötig ist,
dieses Relikt aus dem letzten Weltkrieg zu entfernen. Zeitzeugen freuen sich, daß dieses Erinnerungsdenkmal
an  den Krieg endlich aus ihren Augen verschwindet. Endlich wird dieses große Volumen aus der Stadt entfernt
und für kurze Zeit wird ein großer Stadtraum frei. Temporäre Statdtentdichtung.

Shelter Destruction
An above ground bunker from the second World War gives way for the Hamburg housing.

The artist TP Bruch puts together 1600 photos from each day. In a time-lapse movie he
shows from sunrise to sunset the work days as the big machine bites its way through concrete
and steel rock like a caterpillar.
In August 2009, the demolition of the concrete shelter began near the artist house FRISE.
Six months of thunder by the big jack hammer claw of the 100-ton excavator.
Every day the tenants of the artists house FRISE feel the ground vibrations and the noise that
shows the great power which is needed to remove this relic from World War II.
Wartime witnesses are pleased that this monument to the memory of the war finally disappears
from her eyes. Finally, this large volume will be removed from the city and for a short time,
a large room and viewing space appears. Temporary city dedensing.


Torsten P Bruch

Laurentia

 

 2:57 min. (16:9, HD 720p)
Januar 2010

Aus Kindertagen beschreibt das Tanzlied “Laurentia, liebe Laurentia mein” die Sehnsucht nach der Anderen in einer Beziehung.
Der Sänger in einfacher Lederhose fragt in dem Lied nach dem Tag der Wiederkehr von Laurentia. Beginnend am Montag,
erscheint bei jedem weiteren Wochentage ein weiteres Ich des Sängers. Gesteigert bis zum Septett für jeden Tag der Woche.
Trotz des nicht Auftauchens von Laurentia scheint die Multiplikation, Einsamkeit und leichte Aggressivität dieser Performance
für Unterhaltung zu sorgen.

From child days the dance song “Laurentia, dear Laurentia mine” describes the longing after the
other one in a relationship. The singer in simple leather trousers asks in the song for the day of Laurentia’s
return. Beginning on Monday, with each further weekdays another singer appears until a
full septet for each day of the week. Although Laurentia does not emerge and the performance creates
a sense of isolation by the multiplication and aggression. It still seems to be very entertaining.

 

Laurentia

1. Laurentia dear, Laurentia mine,
when will we be together again.
On Monday.
I wish it would be Monday again
so I will be with my Laurentia dear, Laurentia dear.

2. Laurentia dear, Laurentia mine,
when will we be together again.
On Tuesday.
I wish it would be Monday, Tuesday again
so I will be with my Laurentia dear, Laurentia dear.

3. Laurentia dear, Laurentia mine,
when will we be together again.
On Wednesday.
I wish it would be Monday, Tuesday, Wednesday again
so I will be with my Laurentia dear, Laurentia dear …

Torsten P Bruch

Begegnungen des Anderen im Eigenen

Torsten P Bruchs dekonstruktive Rollenspiele und Selbstbefragungen

Ein Text von Belinda Grace Gardner.

Der Mensch ist ein Haus, mit geheimen Kammern, verborgenen Winkeln und überraschenden Blickachsen, die unerwartete Ansichten offenbaren. In einer seiner frühesten Installationen, Familienhaus von 1998, hat Torsten P Bruch ebenjenes im Modell nachgebaut und als „Erinnerungswerkzeug für Familiengeschichte“ in den Raum gestellt. Das vergrößerte Abbild eines Fensters diente als Hintergrund für einen Schattenriss des Künstlers, der seinerseits als zweidimensionales Gefäß für Fotos von diversen Familienangehörigen fungierte. Schon in dieser biografischen Arbeit, zu der eine mobile Miniaturplattform mit Einmachgläsern unterschiedlichen Inhalts gehörte, hat sich Bruch selbst beziehungsweise seinen Körper zu einem zentralen Schauplatz des Geschehens gemacht. Hier repräsentiert er sich noch in schemenhaft-zeichenartiger Andeutung. Wie eine Chiffre verweist seine Silhouette auf einen vielschichtigen menschlichen Kosmos, in dem familiäre und gesellschaft-liche, psychologische, kulturelle und zeitgeschichtliche Einflüsse zusammenfließen. Die Untersuchung des Anderen im Eigenen mittels verschiedener Strategien des Rollenspiels und der Selbstbegegnung durch Verdopplung und Vervielfältigung ist ein zentrales Motiv seines mehrsträngigen, Medien übergreifenden Ansatzes, der (interaktive) Installationen, Skulpturen, Filme, Body Art und Performances vereint.

Immer wieder hat sich Torsten P Bruch selbst dupliziert: etwa als leicht monströses Baby, das in Autorerotik mit Selbstportrait von 1999 im Doppelgängermodus auftritt. In der dreiteiligen Installation Auto-Single von 2004 formt er sich in Fragmenten aus brüchiger Baiser-Masse nach und tritt parallel in Gestalt mehrerer Musizierender eines Geisha-Orchesters auf, das vom Video aus dem wie ein archäologisches Fundstück anmutenden Selbstbildnis des Künstlers ein Konzertständchen bringt. Drei gefilmte Selbstportraits, aufgenommen im Juli 2006 aus der Distanz einer Armlänge, werden als Triptychon vereint zur Auto Chronographe, die ihm die eigene Fremdheit vor Augen führt, beziehungsweise die Unmöglichkeit der eigenen, stets im Fluss befindlichen Identität verbindlich habhaft zu werden. In dem gut halbstündigen Film Blaubart (nach dem Theaterstück „Blaubart – Hoffnung der Frauen“ von Dea Loher) wiederum hebt der Künstler die Grenzen zwischen Selbst und Anderem vollständig auf. Denn in dieser Fassung des Stoffs verkörpert er sowohl den Mörder Blaubart als auch die ihn liebenden sieben Frauen, die Blaubart allesamt bis auf eine umbringt. Diese tötet schließlich Blaubart, eine komplexe Vertauschung von Täter- und Opferrolle. In Bruchs Worten: „Der Frauenmörder wird zum Selbstmörder. Die dramatische Auflösung kehrt zu ihrer ursprünglichen Matrix zurück.“

Die männliche und weibliche Elemente sowie sexuelle und mechanistische Funktionsweisen verschmelzende „Junggesellenmaschine“, wie sie prominent von Marcel Duchamp ausgeformt wurde, zieht sich als zentrale Figur durch die Arbeiten des Künstlers, der wiederholt die Gender-Grenzen spielerisch überwunden und unter anderem im Rahmen der Performance Für Aurora (2002) das Gemälde der Gräfin Maria Aurora von Königsmarck in maßgeschneidertem historischen Samtgewand personifiziert hat. Sexualität als Wechselspiel von weiblichen und männlichen Kräften kam in Kampf der Geschlechter (2001), bestehend aus riesigen Stoffobjekten in Gestalt von femininen und maskulinen Geschlechtsorganen, mit der die Betrachter gegeneinander antreten konnten, ebenso zum Tragen wie in der raumgreifenden Video- und Toninstallation Come Close Space, realisiert im Juni 2006 im Le Fresnoy-Studio National des Arts Contemporains, Frankreich. Hier hat Bruch eine regelrechte Sitz- oder Liegelandschaft aus golden bezogenen Polstermobiliar geschaffen, in denen das Publikum, je nach Position, eine weibliche und eine männliche Seite in entsprechenden Projektionen zu sehen bekam: Auf der einen agierte eine Frau, auf der anderen ein Mann. Es ging dabei um Versuche der Annäherung und gegenseitigen Berührung, die zunächst im Raum der Bilder an scheinbar unüberwindbare Grenzen zwischen beiden „Welten“ – Mann/Frau, Kunst/Leben – stießen. Zuletzt deutete ein Kuss auf die mögliche Auflösung der Barrieren zwischen femininem und maskulinem Terrain, Bild und Wirklichkeit.

Der Aspekt der Publikumsteilnahme, in diesem Fall durch Platzierung der Betrachtenden buchstäblich inmitten oder zwischen den beiden Zonen der Handlung, ist ein weiteres wiederkehrendes Moment im Werk des Künstlers. Wir finden es beispielsweise in humorvoll-bedrohlicher Form bereits in der Masochistischen Dienstleistungsinstallation von 2000, in welcher der Künstler, flankiert von dem erwähnten Baby-Selbstbildnis und einem skulpturalen Mischwesen aus Ton (Domina Lady), das die „besonderen Vorzüge von acht verschiedenen Frauen“ (Bruch) einte, Interessenten für die Dauer der Aktion eine Massage erteilte. Für Umarmung (2000) hat Bruch Kastenobjekte gefertigt, in die Passanten am Hauptbahnhof Braunschweig mit dem Kopf eintauchen und sich visuell von Mann, Frau oder einem Paar umfangen lassen konnten. Und in Küss mich aus dem Sommer 2002 hat der Künstler antizyklisch über einem Podest einen Mistelzweig drapiert. Ovale Selbstportraits, die im Kreis um das Podest in der Luft schwebten, zeigten Bruchs Antlitz in mimischer Metamorphose von ernst bis traurig, verwundert bis heiter. Vom Radius her war ein Küssen der Portraits kaum möglich, es sei denn, man hätte sich darin im freien Fall versucht.
Als Hauptthema des Künstlers bleibt – aller Vielfalt seiner Verfahren zum Trotz – die Auseinandersetzung mit der Auslotung und Aufhebung der Grenzen zwischen dem Eigenen und dem Anderen, dem Ich und dem Gegenüber bestehen. Dass dieses Andere auch in der Selbstbegegnung entdeckt und zur Anschauung gebracht werden kann, machen seine Arbeiten intensiv erlebbar. Doch verhandelt er in seinen von groteskem Witz durchwirkten dekonstruktiven Rollenspielen stets auch das Problem des Scheiterns von Annäherungen – ob es um Selbsterkenntnis, Geschlechterdifferenzen, oder gar um die Möglichkeit zwischenmenschlicher Verschränkung durch Freundschaft und Liebe geht. Inwieweit sich das Individuum mit seinen Widersprüchen und schillernden Facetten, seinen männlichen und weiblichen Anteilen und seiner Fülle an Eigenschaften jemals erschöpfend selbst zu erkennen vermag, lässt Torsten P Bruch als nachhaltige offene Frage im Raum stehen.

Belinda Grace Gardner, Hamburg, 2009